FWF Projekt P 34337-N: Die Enträtselung des mysteriösen ‘LH-Kieserits‘ am Mars
FWF Projekt P 34337-N: Die Enträtselung des mysteriösen ‘LH-Kieserits‘ am Mars
FWF Projekt P 34337-N; Post-Doc: Dominik Talla, Projektleitung:
Manfred Wildner (Mineralogie und Kristallographie);
Projektdauer: 4 Jahre; Projektstart September 2021.
Die Erforschung unseres Sonnensystems gehört zu den derzeit aufregendsten Unternehmungen der Menschheit. Zu den verschiedenen Strategien diesem Ziel näher zu kommen zählen die Erkundung anderer Planeten und ihrer Monde, nicht nur um ihre Topographie sondern auch die Verteilung und Art dort vorkommender Gesteine und Minerale zu erforschen, welche uns Einblick in deren Entstehung und die damit zusammenhängenden Prozesse gewähren. In dieser Hinsicht ist das erwiesene Vorkommen hydratisierter Sulfatminerale von großer Bedeutung. Diese enthalten nicht nur beachtliche Mengen an chemisch gebundenem Wasser, sondern sind Teil des lokalen Wasserkreislaufs und können überdies den flüssigen Zustand unter den üblichen Gefrierpunkt erweitern und damit ein mögliches Habitat für einfache Lebensformen darstellen. Auf den Eismonden von Jupiter und Saturn tragen Sulfate beispielsweise zur Existenz von flüssigen Ozeanen unter deren Eisoberflächen bei. Am Mars speichern diese Minerale große Mengen an Wasser und bilden einen Teil des planetaren Wasserkreislaufs.
Es ist daher von größter Bedeutung, die Natur dieser Sulfate auf dem jeweiligen Himmelskörper zu enträtseln und deren Eigenschaften im Labor zu untersuchen. Im Rahmen eines kürzlich beendeten Projekts konnten wir nun Hinweise über die potentielle Anwesenheit einer bisher übersehenen Gruppe von Magnesium-Sulfat-Mineralen, summarisch ‘MHSH’ abgekürzt, einschließlich des mysteriösen ‘LH-Kieserits‘, im Sonnensystem entdecken. Deren Eigenschaften variieren sowohl mit ihrem Wassergehalt als auch mit chemischen Elementen, die Magnesium zum Teil ersetzen, und bewirken Änderungen ihres spektralen und chemischen Verhaltens. Könnten wir MHSH auf der Erde künstlich herstellen und seine variierenden Eigenschaften im Labor genau charakterisieren, würden diese Daten bei der Auswertung von Messungen auf anderen Planeten äußerst wertvoll sein – Messungen, die bisher nur als Reflexionsspektren von Satelliten oder direkt durch aktuelle Rover-Missionen, wie im Fall des Planeten Mars, zugänglich sind.
Somit läßt sich die erklärte Mission unseres Forschungsprojekts wie folgt zusammenfassen: 1) die provisorische Synthesemethode für MHSH und die Variation seiner Zusammensetzung entsprechend den Erwartungen für Planeten und Monde zu verfeinern; 2) die spektroskopischen und kristallographischen Eigenschaften als Funktion der chemischen Zusammensetzung detailliert zu untersuchen und zu dokumentieren, und zwar mittels Infrarot- und Raman-Spektroskopie sowie Röntgenbeugung; und 3) diese Experimente auch bei tiefen Temperaturen und hohen Drücken durchzuführen, wie sie für die Oberfläche bzw. das Innere von Himmelskörpern unseres Sonnensystems relevant sind. Die so erzielten Ergebnisse werden als Bezugswerte für den Vergleich mit Daten vom Mars oder den Eismonden dienen und uns ermöglichen, sogar die chemische Zusammensetzung von Proben der Planetenoberfläche aus gesendeten Infrarot- oder Raman-Spektren abzuleiten.